Wie können Selbstständige mit Kind für Entlastung sorgen?

Eltern zu werden zählt wohl zu den größten Veränderungen im Leben. Plötzlich stellt sich in einem neuen Maß die Frage nach der Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf. In der Elternschaft zu gründen, kann besonders herausfordernd sein. Was empfinden Selbstständige mit Kind im Alltag besonders herausfordernd? Wie finden sie Entlastung? Und was müsste sich in einer idealen Welt im gesellschaftlichen System ändern?

Ich durfte einige mutige Frauen zu ihrer Rolle als Mutter und Selbstständige interviewen. Auch wenn die Ausgangslagen jeweils verschieden sind, kamen in den Interviews doch immer wieder ähnliche Punkte zur Sprache. Deshalb möchte ich an dieser Stelle einmal zusammentragen, was die Gründerinnen im Alltag als besonders herausfordernd empfinden, wie sie für sich die Vereinbarkeit gestalten und was für Entlastung sorgt. In den Gesprächen ging es um ganz unterschiedliche Punkte, die eine bessere Vereinbarkeit ermöglichen können: Von weniger Perfektionismus über mehr Pausen bis hin zum Abbau patriarchaler Strukturen.

Was sind im Alltag die größten Herausforderungen in der Selbstständigkeit mit Kind?

Die meisten herausfordernden Alltagssituationen sind mit (fehlender) Zeit verbunden. Ob zu wenig Zeit für sich selbst, zu wenig Zeit als Paar oder zu wenig Zeit für die nie endenden To Dos – durch den permanent wahrgenommenen Zeitdruck entstehen Belastungen im Alltag. Zudem ist entspricht die verfügbare Zeit oftmals nicht dem eigenen Energie- oder Kreativitätslevel. Care-Arbeit lässt sich in der Regel nicht aufschieben, sodass dann häufig die selbstständige Arbeit in die Randzeiten des Tages rückt. Das ist zwar einerseits ein Zeichen für Flexibilität, die freiberufliche Arbeit zuweilen mit sich bringt. Andererseits nimmt diese Möglichkeit aber auch häufig notwendige Pausenzeiten, die für Erholung und Entlastung notwendig wären.

Besondere Hürden im Alltag sind zudem all jene Situationen, die nicht planbar oder vorhersehbar sind. Ein plötzlicher Betreuungsausfall, Krankheit von Kindern – oder Eltern, ein kurzfristiger Termin. Diese Momente sorgen häufig für Stress und das Gefühl der Überlastung.

Was hilft dann? Was sorgt für Entlastung?

Eine regeläßige und vorausschauende Wochenplanung innerhalb der Familie verbunden mit der gleichbereichtigten Verteilung von Care-Arbeit sorgen für ein stabiles Grundgerüst im Alltag. Auf persönlicher Ebene kann es entlastend wirken, die eigenen Ansprüche zu reduzieren und sich selbst nicht mit zu großem Anspruch auf Perfektionismus unter Druck zu setzen. Stattdessen hilft es, besondere Momente innerhalb der Familie bewusst wahrzunehmen und wertzuschätzen.

Für Entlastung sorgt aber allen voran genügend Zeit für die eigene Selbstfürsorge – ob es nun bewusste Auszeiten ganz für sich alleine, Kaffeepausen im Arbeitsalltag oder Zeit mit Freunden ist – diese Momente liefern neue Energie und sind ein wichtiger Ausgleich.

Zudem ist es hilfreich, ein unterstützendes und verständnisvolles Umfeld zu erschaffen und ein gewisses Sicherheitsnetz zu bilden, aus Menschen, die in unvorhergesehenen Momenten schnell unterstützen können. Das können die eigenen Eltern sein, aber auch Nachbarn, andere Eltern oder Freunde.

Und was müsste sich im System ändern?

Eins ist klar: Es gibt noch vieles zu tun. Die gesellschaftlichen Strukturen sind in großen Teilen für das Gefühl der Überlastung selbstständigen Eltern verantwortlich. Von der Berechnung des Elterngeldes oder Regelungen zum Mutterschutz für Selbstständige über mehr Sichtbarkeit für die Verantwortung von Elternschaft und die Notwendigkeit von Rollenvorbildern bis hin zum Aufbrechen alter Rollen- und Denkmuster und patriarchaler Strukturen – die Liste ist lang.

Die Interviews zeigen aber auch, es gibt schon viele Frauen, die mit Mut voranschreiten, die kreativ sind und laut werden, die Strukturen hinterfragen und im Kleinen wie im Großen versuchen, sie aufzubrechen.