Mutterschutz und Elternzeit in der Selbstständigkeit gestalten
Laut dem Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) sehen 81 % der Gründerinnen den Ausbau der Angebote zur Vereinbarkeit von Familie und Gründung als wichtigen Hebel zur Stärkung des Startup-Ökosystems. Konkret werden dazu beispielsweise bessere Bedingungen für Selbstständige bei den Themen Mutterschutz sowie Elterngeld und -zeit gefordert. Denn Selbstständigkeit und Schwangerschaft scheinen sich auszuschließen. Selbstständige sind im Gegensatz zu angestellt Beschäftigten nicht durch Mutterschutzgesetz abgesichert.
Was das konkret bedeutet und welche Möglichkeiten Selbstständige dennoch haben, um das individuelle wirtschaftliche Risiko durch eine Schwangerschaft gering zu halten, hat Norina Köslich beim work & play Netzwerktreffen – dem Community Circle – beleuchtet. Sie ist Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Bremer Kanzlei Köslich Dunker & Kolleg:innen. Es hat sich gezeigt, dass eine Schwangerschaft für Selbstständige ziemlich herausfordernd ist. Norina konnte dennoch einige Hinweise geben.
Mutterschutz
Mutterschutz gilt für angestellt beschäftigte Frauen in der Regel sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung. Selbstständig erwerbstätige Frauen haben dagegen grundsätzlich keinen Anspruch auf die gesetzlichen Mutterschutzfristen oder die Zahlung von Mutterschutzgeld. Dennoch gibt es auch für Selbstständige zwei Möglichkeiten der Absicherungen, die von ihrer Krankenversicherung abhängig sind.
- als freiwillig gesetzlich Versicherte: Gegen einen Zusatzbetrag von 0,6 % kann Krankengeld abgesichert werden, hier erhält die versicherte Person dann rund 70 % des bisherigen Einkommens (der Bindungszeitraum liegt bei drei Jahren)
- (zusätzliche) private Absicherung: hier ist die Deckung in der Regel frei festzulegen, darf aber das bisherige Einkommen nicht übersteigen
Eine zusätzliche private Absicherung ist auch unabhängig davon möglich, ob man grundsätzlich gesetzlich freiwillig oder privat krankenversichert ist.
Welche Probleme sind damit verbunden?
- es ist ein vorheriges Einkommen nötig – das kann insbesondere für Gründer:innen oder in Sondersituationen (Wirtschaftskrise, Corona) problematisch sein
- private Absicherung ist mit Vorerkrankungen häufig schwierig
- private Krankenkassen bestehen häufig auf „Karenzzeit“
- es bestehen rechtliche Unklarheiten darüber, was eine „teilweise Tätigkeit“ während des Mutterschutzes umfasst
- es erfolgt eine Anrechnung auf die Zeit des Elterngeldes
Elterngeld
Im Gegensatz zum Mutterschutz haben auch Gründer:innen und Selbstständige einen Anspruch auf Elterngeld. Allerdings wird in die Lebensrealität von Selbstständigen in den Antrags- und Auszahlungsmodalitäten sowie der Bemessungsgrundlage des Elterngelds kaum berücksichtigt. Der Bemessungszeitraum ist in der Regel ein Kalenderjahr vor der Geburt – hier ist eine Verschiebung möglich. Das Einkommen wird entsprechend angerechnet. Einzelne Monate können ggf. pausiert werden.
Welche Probleme sind damit verbunden?
- es ist vorheriges Einkommen nötig – das kann insbesondere für Gründer:innen oder in Sondersituationen (Wirtschaftskrise, Corona) problematisch sein
- es besteht lange Rechtsunsicherheit – in der Regel erfolgt nur eine vorläufige Bewilligung und die endgültige Festsetzung dann erst mit entsprechenden Steuerbescheiden
- laufende Kosten für Krankenversicherung nicht abzugsfähig
Weitere Möglichkeiten für Selbstständige
Darüber hinaus können Selbstständige versuchen, in der Phase der Schwangerschaft und nach der Geburt ihre laufenden Kosten zu senken. Möglichkeiten sind beispielsweise die Anpassung von Beiträgen für die Krankenversicherung oder bei verheirateten Personen der Wechsel in die Familienversicherung. Auch die Senkung der Vorauszahlungen beim Finanzamt kann eine Möglichkeit sein, die Kosten zu verringern.
Die Situation für Selbstständige ist trotz gewisser individueller Möglichkeiten durchaus wirtschaftlich riskant. Um hier Abhilfe zu schaffen und den Druck auf die Politik zu verstärken, gibt es beispielsweise den Verein Mutterschutz für Alle!. Mit einer Petition haben die Beteiligten gleiche Rechte im Mutterschutz für selbstständige Schwangere gefordert.
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