Wie vereinbarst du im Alltag dein Unternehmen mit deiner Rolle als Mutter, Paula Süveges?
Paula ist seit vielen Jahren im Kulturbereich selbstständig und arbeitet seit 2017 als Social und Strategic Designerin mit eigenem Studio – koralle. Vor zwei Jahren ist sie Mutter geworden. Welche Herausforderungen das Muttersein in der Selbstständigkeit ganz alltäglich mit sich bringt und warum die eigenen Gedanken manchmal als größte Hürde erscheinen, beschreibt Paula im Interview.
Liebe Paula, wie vereinbarst du Selbstständigkeit und Familie?
Während der Schwangerschaft hatte ich das Glück in einer Anstellung zu sein. Jedoch in keiner gewöhnlichen, denn die Gelder hatten wir in Eigenverantwortung akquiriert und konnten uns bei damals noch weserholz durch die Projektgelder anstellen. So war ich das erste Jahr nach der Geburt offiziell in Elternzeit. Doch arbeiteten wir im Gründer*innen-Team intensiv an einer Veränderung unseres Studios (u.a. aufgrund von Interessenverschiebungen, Ende der Förderung etc.). Mein Kind konnte ich zu vielen Treffen mitnehmen oder arbeiten, wenn sie schlief.
Nach einem Jahr hatten wir acht Stunden pro Woche Unterstützung durch eine externe Betreuung. Als diese wegbrach und kein Kitaplatz mitten im Jahr da war (wir hatten uns zur Bewerbungszeit bewusst gegen einen frühen Kitabeginn entschieden), unterstützten uns unsere Eltern, die im Ruhrgebiet und in Süddeutschland leben.
Seit Februar 2023 geht unser Kind in die Kita und es bleibt nun etwas mehr Zeit für mich uns meine Selbständigkeit. Aber die Vereinbarkeit bleibt eine große Herausforderung.
Was sind denn im Alltag deine größten Herausforderungen?
Die größte Herausforderung, neben (terminlichen) Absprachen zwischen meinem Mann und mir und dem aktuell so spät zu Bett gehenden Kind, bin ich. Was ich damit meine: das eigene Stresslevel, die im Kopf schwirrenden To-Do-Listen, das Gefühl immer noch mehr leisten zu wollen und müssen, das Hinterfragen von Rollenbildern und patriarchalen Strukturen…
Aktuell arbeite ich viel aus der Neustadt, radel dann hektisch nach Schwachhausen, um unser Kind abzuholen (hier hatten wir durch Zufall noch einen Platz in der Kita im laufenden Jahr bekommen) und dann weiter nach Sebaldsbrück, wo wir wohnen. So habe ich wenig Zeit kurz Abstand von Arbeitsthemen zu bekommen. Genauso geht es unserem Kind, dessen „Rucksack“ voll Kompromissfähigkeit nach einem langen Kitatag (von 9:00 bis 15:00 Uhr) einfach leer ist.
Was hilft dir dann? Was entlastet dich?
Ich lerne gerade viel: entspannter werden, handwerkliche Arbeiten zu Hause einfach mal ruhen zu lassen und mich über die Käfer zu freuen, die mein Kind auf dem Weg von der Kita zum Fahrrad entdeckt.
Aber auch mein Team ist eine große Unterstützung, was die Vereinbarkeit angeht. Wir haben großes gegenseitiges Verständnis für die verschiedenen Lebensumstände und das nimmt viel Druck raus.
Welche Änderungen im System würdest du dir wünschen?
Da gibt es viel, das wir anpacken müssen. Ganz konkret: Dinge die besonders selbständige (werdende) Mütter stärken (bspw. ein neues Recht zum Mutterschutz, die Berechnung vom Elterngeld, mehr Betreuung und Flexibilität). Auf systemischer Ebene geht es darum, patriarchale Strukturen aufzubrechen und zu verlernen, aber genauso Menschen in prekären Lebenssituationen, die häufig in der Debatte vergessen werden, anzuhören, um auf wirklich neue Lösungen für die große Herausforderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bzw. Selbständigkeit zu kommen.
Vielen Dank an dich, liebe Paula, für das Interview. Wenn ihr mehr zu Paulas Arbeit bei koralle erfahren wollt oder mit Paula Kontakt aufnehmen möchtet, schaut gerne bei LinkedIn oder Instagram vorbei.
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